Eine
wichtige, offizielle Anerkenntnis der Besonderheiten legasthener SchülerInnen,
auch auf schulrechtlicher Basis, die Erlassmüden vielleicht aufs Erste
nur eine mitleidige Reaktion in der Art „Papier ist geduldig“ entlocken
mag, sich aber bei genauerer Durchsicht als wichtiges entschärfendes, äußerst
hilfreiches Instrumentarium erweist, stellt der
Wiener Legasthenieerlass
aus dem Jahr 1998 bzw. 2002 dar.
Was vorerst nur wie ein trockener Erlass aussieht,
bringt klar den Auftrag
zum Ausdruck, legasthene Probleme bei der Leistungsbeurteilung zu berücksichtigen
und ergänzende legasthenieadäquate Formen der Leistungsfeststellung
abseits von schriftlichen Überprüfungen vorzusehen und durchzuführen.
Weiters betont der genannte Erlass die Aufgabe der Schule und Eltern, legasthene
Kinder bei der Ausbildung ihrer Lese- und Schreibkompetenz speziell zu fördern
und zu unterstützen. In vielen Fällen wird ergänzend zu schulischen
Unterstützungen eine regelmäßige qualifizierte Betreuung in
Form eines gezielten außerschulischen Trainings notwendig.
Der
Anspruch auf eine Berücksichtigung legasthener Probleme in der Leistungsbeurteilung
besteht somit auch nur dann, wenn entsprechende therapeutische Trainingsmaßnahmen
nachgewiesen werden, damit eine optimale Förderung der Kinder in den basalen
Kulturtechniken des Lesens und Schreibens gewährleistet wird.
Im Klartext ermöglicht dieser Erlass LehrerInnen, auch auf Basis offizieller
Bestimmungen legasthene Spezifika adäquat in der schulischen Leistungsbeurteilung
und Notengebung zu berücksichtigen. SchülerInnen und Eltern eröffnet
er die Möglichkeit einer legasthenieadäquaten Leistungsbeurteilung.